11.2.2004 Befangenheit wegen Grundeigentum im Ortskern bei der Planung einer
Umgehungsstraße
Die Gemeinde Schaafheim im Kreis Darmstadt-Dieburg hat einen Bebauungsplan für eine neue Straße aufgestellt, mit der die bisher durch den Ortskern der Gemeinde verlaufende Landesstraße entlastet werden soll. Selbstverständlich waren alle die Gemeindevertreter bei der Beratung und Beschlussfassung über diesen Bebauungsplan ausgeschlossen, die im Bereich der neuen Straße im Sinne des § 25 der Hessischen Gemeindeordnung selbst oder über ihre Angehörigen beispielsweise als Eigentümer von der Planung betroffen sind. Eine mögliche Befangenheit von Eigentümern solcher Grundstücke, die im Bereich der bisherigen Ortsdurchfahrt liegen, wurde im einzelnen nicht geprüft, weil man davon ausging, dass sozusagen der gesamte Ortskern von der Entlastungswirkung durch die neue Straße profitiert und somit eine ganze Bevölkerungsgruppe mit gemeinsamen Interessen. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat in einem Beschluss vom 22.04.2003, 9 NG 561/03 die Befangenheitsregelung strenger gesehen und den Bebauungsplan in einem Eilverfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO einstweilig außer Vollzug gesetzt. Nach dieser Entscheidung ist die entlastende Wirkung einer neuen Straße auf vorhandene Straßen bei der individuellen Prüfung der Befangenheit von Gemeindevertretern, die eigentumsmäßig mit Grundstücken an der entlastenden Straße verbunden sind, eng zu sehen.
Im Ergebnis ähnlich: OVG Rheinland-Pfalz, Beschluß vom 26.9.2003, 8 B 11491/03, BauR 2004, S. 42; mit entgegengesetztem Ergebnis für einen Fall, in dem die Entlastung nicht nur individualisierbare Interessen einzelner, sondern das Verkehrskonzept der Gemeinde in solchen Teilen betrifft, die für Bevölkerungsgruppen von Bedeutung sind, zu denen das Ratsmitglied gehört: OVG Münster, Urteil vom 12.3.2003, 7 a D 20/02, NVwZ-RR 2003, S. 667.
Die Gemeindevertretung hat daraufhin - in wegen der Befangenheitsfrage stark reduzierter Besetzung - den Bebauungsplan erneut als Satzung beschlossen. Er wurde erneut bekannt gemacht. Mit Urteil vom 19.11.2003, 9 N 2846/02 hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof dann den Normenkontrollantrag abgelehnt. Die Entscheidung beschäftigt sich unter Anderem mit der Frage, inwieweit bei der Anwendung der Verkehrslärmschutzverordnung auf Festsetzungen zum aktiven Lärmschutz im Bebauungsplan verzichtet und auf mögliche passive Lärmschutzmaßnahmen an vorhandenen Gebäuden verwiesen werden kann.
Manuskript Stand 11.02.2004
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