Befremdlich ist aber ein obiter dictum dieser Entscheidung: Das Verwaltungsgericht meint, dass die Klägerin möglicherweise auch einwenden könnte, die beklagte Stadt habe die Verwirklichung ihres Anspruchs gegen den persönlichen Abgabenschuldner nicht mit ausreichendem Nachdruck und ohne pflichtwidrige Verzögerung betrieben. Dies könne sich daraus ergeben, dass die Beklagte den Widerspruch des Empfängers des Beitragsbescheids erst nach zwei Jahren beschieden hat und während dieser Zeit keine Vollstreckungsversuche unternahm. Das Gericht zitiert hierzu das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs V OE 20/79 vom 4.6.1980. Gerade aber weil die dieser VGH-Entscheidung zugrundliegende und zu jener Zeit auch vom Bundesfinanzhof vertretende Auffassung zwischenzeitlich vom Bundesfinanzhof mit überzeugender Begründung aufgegeben wurde, hat das OVG Saarlouis im Beschluss 11 B 340/07 vom 12.10.2007 für das Beitragsrecht folgenden Leitsatz formuliert, "Der Erlass eines Duldungsbescheides ist nicht schon deswegen ermessensfehlerhaft, weil der Gläubiger es versäumt hat, gegen den inzwischen zahlungsunfähigen persönlichen Schuldner frühzeitig energisch vorzugehen." Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes meint, dass die Ermessensentscheidung, einen Duldungsbescheid zu erlassen, allenfalls dann fehlerhaft sei, wenn die fehlgeschlagene Beitreibung der Forderung beim persönlichen Schuldner auf einer vorsätzlichen oder sonstigen besonders groben Pflichtverletzung des zuständigen Amstswalters beruhe.
Vielerorts verzögert sich die Widerspruchsbescheidung schon dadurch, dass Monate oder gar Jahre vergehen, bis die Empfehlung des Anhörungsausschusses vorliegt. Da der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung hat, kann es auf die vom Verwaltungsgericht Darmstadt angeführte Verzögerung bei der Widerspruchsbearbeitung in diesem Zusammenhang aber auch nicht ankommen. In vielen Fällen erfährt die Gemeinde etwa durch Bauvoranfragen und andere informelle Anfragen, dass das betreffende Grundstück zum Verkauf steht und sieht deshalb von Vollstreckungshandlungen ab in der vielfach auch berechtigten Hoffnung, nach Eingang der Kaufpreiszahlung beim Beitragsschuldner von diesem bezüglich ihrer Beitragsforderung befriedigt zu werden. Die Väter des Erschließungsbeitragsrechts des Bundesbaugesetzes wollten im übrigen mit der frühzeitigen von der tatsächlichen Bebauung der Grundstücke abgekoppelten Beitragspflicht und dem sich darauch ergebenden wirtschaftlichen Zwang, Grundstücke zu veräußern damit die Beitragsforderungen beglichen werden können, ausdrücklich zur Baulandmobilität beitragen.
Bleibt zu hoffen, dass das Verwaltungsgericht Darmstadt Gelegenheit bekommt, seine bisherige Auffassung im Licht der Entscheidung aus dem Saarland - die vermutlich zum Zeitpunkt der Darmstädter Entscheidung noch nicht bekannt war- zu revidieren.
Manuskript Stand 15.03.2008
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