17.01.2004 Bundesverwaltungsgericht: Hessische Regionalpläne unterliegen der Normenkontrolle

Die Behörden des Landes Hessen, insbesondere auch die höheren Verwaltungsbehörden nach dem Baugesetzbuch, haben in der Vergangenheit stets den Rechtsnormcharakter der Regionalpläne bestritten, mit der Folge, dass den Gemeinden keine Gelegenheit gegeben war, diese Pläne gemäß § 47 der Verwaltungsgerichtsordnung überprüfen zu lassen. Auch der Hessische VGH hatte sich dieser Ansicht angeschlossen. Vergleichbare Pläne in anderen Bundesländern dagegen werden von den OVG/VGH den Gemeinden gegenüber als Normen verstanden. Die beiden Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts 4 CN 5.03 und 4 CN 6.03 vom 20.11.2003 wurden in der Öffentlichkeit natürlich vorrangig wegen der Klagen von Gemeinden gegen die Regionalplanung zum Flughafen Frankfurt/Main beachtet. Die Kernaussage zum Normcharakter der Regionalpläne ist aber von genereller Bedeutung.

Im Folgenden ist die Pressemitteilung Nr. 52/2003 des BVerwG wiedergegeben:

"Der Regionalplan Südhessen 2000 enthält Aussagen zur Siedlungsbeschränkung und zur beabsichtigten Erweiterung des Flughafens Frankfurt/Main um eine zusätzliche Start- und Landebahn. Hiergegen haben sich u.a. die vom Fluglärm betroffenen Städte Offenbach und Flörsheim gewandt. Das Bundesverwaltungsgericht hat in zwei Urteilen vom heutigen Tage entschieden, dass derartige Ziele der Raumordnung Rechtsnormcharakter haben und deshalb im Wege der Normenkontrolle angegriffen werden können. Damit hat es Entscheidungen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs korrigiert. In Hessen sieht der Gesetzgeber für die Regionalpläne keine bestimmte Rechtsform vor. Daraus hat der Verwaltungsgerichtshof gefolgert, dass Regionalpläne in diesem Bundesland nicht die Qualität von Rechtsvorschriften haben. Auch Zielfestlegungen, die in solchen Plänen enthalten sind, hat er den Rechtssatzcharakter abgesprochen. Aus diesem Grunde hat er die Normenkontrollanträge ohne inhaltliche Prüfung als unzulässig abgelehnt. Das Bundesverwaltungsgericht ist dem nicht gefolgt. Nach seiner Auffassung erzeugen Ziele der Raumordnung außenrechtsverbindliche Wirkungen. Sie weisen überdies die Merkmale generell-abstrakter Regelungen auf. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Sachen zurückverwiesen. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof wird nunmehr zu prüfen haben, ob es sich bei den angegriffenen Planaussagen um Zielfestlegungen handelt, durch die die Planungshoheit der betroffenen Städte und Gemeinden verletzt wird. BVerwG 4 CN 5.03 und 4 CN 6.03 - Urteile vom 20. November 2003"


Inzwischen hat der Hessische VGH seine Prüfungsaufgabe erfüllt, und mit Urteil vom 26.7.2006, 4 N 330/04 den Regionalplan für nichtig erklärt. Bemerkenswert ist das Datum der Entscheidung und das ausdrückliche Nichtigkeitsverdikt. Letzteres erstaunt, weil bereits am 20.7.2004 das Europarechtsanpassungsgesetz Bau in Kraft getreten ist, durch dessen Artikel 4 in § 47 Abs. 5 der VwGO das Wort "nichtig" durch das Wort "unwirksam" ersetzt wurde. Sei's drum! Nichtigkeitsgrund ist ohnehin nur ein Verfahrensfehler beim Zustandekommen des Regionalplans. Die Hessische Landesregierung hat das Verfahren zwischenzeitlich ab der fehlerhaften Stelle wiederholt. Der Regionalplan wurde im Staatsanzeiger vom 13.9.2004 erneut bekannt gemacht.

Manuskript Stand 26.9.2004

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