Bei einem Beschluss einer Stadtverordnetenversammlung über eine im Stadtgebiet allgemein gültige Satzung liegt in einem solchen Fall selbstverständlich keine Befangenheit vor. Anders ist dies bei Satzungen, die - wie beispielsweise Bebauungspläne - nur für Teile des Stadtgebiets gelten. Auch die LärmSchSatzung gilt nur für einen bestimmten Teil des Stadtgebietes. Da dem Satzungsentwurf wie der beschlossenen Satzung selbst der Geltungsbereich nicht unmittelbar zu entnehmen ist, dieser sich vielmehr erst durch die sachverständige Ermittlung der sogenannten 3-dB-Minderungszonen ergibt, dürfte ein Stadtverordneter, dessen mögliche Befangenheit aus einem Grundstück herrührt nur dann von der Mitwirkung ausgeschlossen sein, wenn aus den dem jeweiligen Gremium zur Verfügung stehenden Beratungsunterlagen auch der Kreis der betroffenen Grundstücke bereits ersichtlich ist. Ob das vorliegend der Fall war, ist nicht bekannt.
Selbst wenn Befangenheit vorgelegen hätte und die Satzung deshalb ungültig wäre, wäre dies für den Darmstädter Steuerzahler noch nicht weiter tragisch. Die Satzung könnte nämlich erneut beschlossen werden, die zwischenzeitlich ergangen Beitragsbescheide könnten erneut erlassen werden. In der Begründung der Magistratsvorlage zur LärmSchSatzung wurden die Stadtverordneten zwar dadurch zu schnellem Handeln gedrängt, dass behauptet wurde, andernfalls verjährten die Beitragsansprüche am 31.12.2007. Die vierjährige Festsetzungsfrist des § 169 AO kann jedoch nur anlaufen, wenn zuvor die sachlichen Beitragspflichten entstanden sind. Letztere konnten aber nicht entstehen, so lange keine Beitragssatzung existierte. Ein Thema, das es im September 2007 nur auf die Seite mit der beitragsrechtlichen Schmuzelecke geschafft hatte, wurde so dem Satiriker aus der Feder genommen.
Falls der betreffende Stadtverordnete aber am 18.12.2007 beim Beschluss über die Nichterhebung des Beitrags in einem Teil des Erschließungsgebietes, in dem bereits vor der Erstellung des Bebauungsplanes, der Anlass für die Festsetzung der Lärmschutzeinrichtung war, Bebauung vorhanden war, im Beratungsraum anwesend gewesen sein sollte, wäre dieser Beschluss unwirksam. Die Magistratsvorlage dazu zeigte nämlich in einer Kartendarstellung deutlich die davon bevorteilten Grundstücke. Ein solcher - auch ohne den befangenen Stadtverordneten gefasster - Beschluss über einen Beitragsverzicht von über 600.000,00 € dürfte wegen des Verstoßes gegen die im Erschließungsbeitragsrecht bestehende Beitragserhebungspflicht aber ohnehin unwirksam sein. Es handelt sich hier auch nicht um einen Beitragserlass, wie er im Einzelfall bei Vorliegen einer sachlichen Härte, die der Gesetzgeber nicht voraussehen konnte, als Billigkeitsmaßnahme nach der AO möglich wäre. Beitragspflichten entstehen nun einmal für alle von der Anlage bevorteilten Grundstücke unabhängig davon, ob sie vor Errichtung der Anlage schon bebaut waren oder nicht. Die Rechtssprechung zur vergleichbaren Situation bei der Mehrfacherschließung bereits bebauter Grundstücke durch Anbaustraßen ist in dieser Frage eindeutig.
Manuskript Stand 19.01.2008
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